Kafka und seine Verlobte Felice taten es, ebenso wie Schiller und Goethe, Jane Austen und andere brillante Gestalten der Literaturlandschaft – sie schrieben einander Briefe.
Wenn du diesen Artikel liest, haben wir wahrscheinlich eines gemeinsam: Wir lieben Bücher. Worte. Den Duft von Papier und Tinte. Wir haben vollgestopfte Bücherregale, können mit den Händen die Buchrücken entlangfahren, nach Lust und Laune ein Buch herausziehen, unsere Nasen reinstecken und den Duft in uns aufsaugen. Das geschriebene Wort in Form von Romanen ist nicht aus unseren Leben wegzudenken.
Doch wann ist das geschriebene Wort in Gestalt von Briefen – jahrhundertelang die wichtigste Kommunikationsmethode – eigentlich so aus der Mode geraten? Weshalb haben die wenigsten von uns eine Schublade oder eine Kiste, in der wir liebevoll die zahlreichen handgeschriebenen Briefe aufbewahren, die wir von Menschen erhalten, die uns wichtig sind, und die wir alle paar Jahre herauskramen, um in Erinnerungen zu schwelgen?
Wieso schreibe ich eigentlich keine Briefe mehr?
Als ich ein Kind war, war es für mich selbstverständlich, Brieffreunde zu haben. Ob Urlaubsbekanntschaften oder eine unbekannte Person, die man durch die früher so beliebte PenPal-Aktion kennenlernte (ich bin ja bestimmt nicht die Einzige, die damals so ihre Brieffreunde fand, oder?) – das Briefeschreiben war ein elementarer Bestandteil meines Lebens. Ich weiß nicht, wann genau mir die Liebe fürs Briefeschreiben abhandengekommen ist. Wahrscheinlich, als das Handy immer stärker Einzug in mein Leben hielt, als ich Chatrooms und andere Online-Communities für mich entdeckte und sich die postalische Kommunikation auf E-Mails verlagerte. Es war einfach, praktisch – Computer an, rasch in die Tasten gehauen und auf Senden geklickt, anstatt wesentlich mehr Zeit in das Schreiben eines Briefes zu investieren. Wir können es ruhig zugeben: Die digitale Welt hat uns faul gemacht.
Wenn ich an damals zurückdenke, werde ich wehmütig. Denn jetzt, als Erwachsene, bekäme ich gerne ab und zu neben Rechnungen und Werbeblättchen einen handgeschriebenen Brief. Der Gang zum Briefkasten ist zu einem widerwilligen Heranpirschen geworden, immerzu gefasst auf das Schlimmste, denn stets lauert hinter dem Metalltürchen die Gefahr, dass eine Rechnung hereingeflattert kommt oder Krankenkasse und Ämter Aufmerksamkeit verlangen, im Schlepptau nur allzu oft Deadlines, die so lange bedrohlich im Hinterkopf kleben, bis man die verdammten Formblätter ausgefüllt oder die Steuererklärung abgeschickt hat. Keine Spur mehr von Romantik oder erwartungsvoller Aufregung.
Den Welttag des Briefeschreibens zum Umdenken nutzen
Heute ist der Welttag des Briefeschreibens oder auf Englisch World Letter Writing Day, vor vier Jahren ins Leben gerufen von dem Fotografen, Autor und Künstler Richard Simpkin. Seine Intention: Uns in unserem digital geprägten Alltag zum Innehalten zu inspirieren. Uns dazu zu ermuntern, mal wieder zu Stift und Papier zu greifen, wie wir es früher getan haben, und einen Brief zu schreiben, ob an einen geliebten Menschen, eine alte Bekanntschaft oder jemanden, den wir noch gar nicht kennen. Dass die Hochzeiten desr analogen Kommunikation vorbei sind, steht außer Frage – noch ein Grund mehr, die Kunst des Briefeschreibens zu hegen und pflegen, denn gerade im modernen Zeitalter sind handgeschriebene Briefe etwas Besonderes. Denn seien wir ehrlich: Alte E-Mail-Verläufe auszudrucken ist nun mal einfach nicht dasselbe.
Wenn wir Briefe schreiben, verändert sich unsere Ausdrucksweise, wir wählen die Worte mit mehr Bedacht, fügen unsere persönliche Note hinzu, denken viel intensiver darüber nach, was und wie wir etwas kommunizieren. Ein Brief ist etwas Persönliches, das dem Empfänger – hoffentlich – Freude bereiten soll, deswegen geben wir uns Mühe und investieren Zeit, die wir mit dem Verfassen einer E-Mail gespart hätten.
Deshalb soll das Briefeschreiben wieder Einzug in meinen Alltag halten. Ich möchte mich wieder darauf freuen können, den Briefkasten zu öffnen, eine Briefkiste haben und mich selbst entschleunigen, indem ich zum Stift statt zum Laptop greife. So ganz romantisch-verklärt.
Inspiration durch eine Bloggeraktion
Als Viking für eine Bloggeraktion zum Welttag des Briefeschreibens auf mich zukam, habe ich mich gefragt, wann ich zuletzt einen Brief geschrieben habe. Dass ich mich nicht daran erinnern kann, wann das zuletzt der Fall war, spricht Bände, daher nutze ich diese Aktion als Anlass, um mich selbst mal wieder auf meine vier Buchstaben zu setzen und Worte zu Papier zu bringen, in diesem Fall für eine britische Bloggerin, die mir extra für diesen Anlass vermittelt wurde.
Ob eine Brieffreundschaft entsteht, wird sich zeigen (den konkreten Brief zeige ich hier übrigens nicht, das empfinde ich als zu persönlich) – doch auch wenn nicht, gibt es genügend Menschen, denen ich gerne schreiben würde, neuen und alten Freunden, Bloggerkollegen und ja, vielleicht sogar meinem Sachbearbeiter beim Finanzamt, der zwar mit jeder Steuererklärung eine beschämte Sorry-Notiz, aber nie eine Aufmerksamkeit erhält, obwohl er sich jedes Jahr geduldig mit meiner Unzulänglichkeit herumschlägt.
Viking hat mir ein tolles Paket zukommen lassen, das von einer Tuschefeder über Stempelzubehör bis hin zu Washitape alles enthält, was das Herz des Briefeschreibers begehren kann. Das Stempeln muss ich noch üben, Tusche ist ebenso wie damals im Kunstunterricht eine riesige Sauerei, aber ich habe nach wie vor meinen Spaß mit Schreibutensilien, die vom Standardkugelschreiber abweichen, und werde sie bei zukünftigen Briefen zum Einsatz bringen. (Ob mein Couchtisch das Tintenmassaker überleben wird, steht noch in den Sternen.)
Ich bedanke mich beim Viking-Team, dass sie mich daran erinnert haben, dass es mehr gibt als WhatsApp und E-Mails!
Beweisstück A, warum man mir keine Tinte geben sollte
6 comments
Hallo!
Ich hatte früher viele Brieffreunde und habe auch heute noch einige…aber…ich schreibe nur mehr sehr selten und obwohl ich schönes Briefpapier benutze tippe ich meine briefe öfters, als sie per Hand zu schreiben, was wesentlich länger dauert.
Ich würde sehr gerne wieder mehr schreiben und vielleicht setzt ich mich heute auch gleich nochmals zu einem Brief….einige meiner pals warten noch eine Antwort von mir.
Ich liebe schönes Papier, Stempel, Washi-Tape usw. um alles schön zu verzieren….das ist das ganz Besondere anso einem handgeschriebenen Brief.
Alles Liebe
Martina
Ich liebe es noch immer Briefe zu bekommen oder zu schreiben.
Ich würde gerne wieder eine echte Brieffreundschaft anfangen. Das ist einfach viel wertvoller als es jede E-Mail je sein könnte. Sehr schöner Beitrag dazu auf jeden Fall. 🙂
Dich gibt es noch, das freut mich total. Ich hatte mich ja schon gefragt, was aus deinem Blog geworden ist.
Ab und zu bekomme ich Postkarten von Freunden aus dem Auslandsjahr. Aber meistens nutzen wir natürlich Messenger. Ich selbst schreibe (viel zu selten) meinem Opa, weil telefonieren durch leichte Schwerhörigkeit anstrengend ist und Internet wegfällt. Und wenn ich dann mal schreibe, dann macht das auch Spaß.
Erst neulich habe ich alte Briefmarken von vor ein paar Jahren ausgegraben und genug Zusatzmarken aus dem Automaten geholt, damit das Porto wieder stimmt. Steigendes Porto senkt natürlich auch die Zahl geschriebener Briefe. Und weil weniger Briefe geschrieben werden, muss das Porto steigen, um Kosten zu decken. Ein Teufelskreis.
Kennst du eigentlich Postcrossing? Man schreibt an eine zufällig ausgewählte Person eine Postkarte und bekommt von einer anderen Person selbst eine. Ich hatte mir auch irgendwann mal die Letter Writers Alliance und InterPals in meine Lesezeichen gepackt, falls ich doch mal meine Schreibfaulheit überwinde. Also falls du dich neben einem hektischen Leben als Erwachsene noch nach Brieffreundschaften sehnst, es gibt da sicher Möglichkeiten. Lustigerweise macht es gerade das Internet leichter, die auch zu finden.
Hallo,
ich habe tatsächlich noch eine wirkliche Brieffreundin und auch einen Account bei Postcrossing und Interpals, aber regelmäßig schreiben tue ich leider nicht mehr…
Was ich ab und zu angefangen habe, sind Fanbriefe für Schauspieler und andere Promis 😀 Aber einen beendet habe ich auch da nicht wirklich…müsste mich endlich mal wieder dran setzen 🙂
Viele Grüße
Susanne
Mit Deinem Artikel hast Du bei mir direkt ins Herz getroffen – ich habe es geliebt, Briefe zu schreiben und wünsche mir so sehr, wiedermal einen Brief zu erhalten. Ich finde nur schon Postkarten einfach genial und meine Freunde schicken mir immer welche – anstelle von mms / sms weil sie wissen, dass ich mich viiiiel mehr darüber freue 😉
Liebe Grüsse
und jetzt muss ich einen Brief verfassen 😉
Janine von http://www.vivarubia.com
Hallo,
ich weiß ich gehöre wohl zu den Menschen, die immer wissen, wo die Füller liegen. Meine Tintenfässer liegen auch immer Griffbereit, damit ich meine Konverter immer mit Tinte befüllen kann.
Auch schreibe ich sehr häufig noch Briefe mit dem Füller, was immer wieder zu kleinen klecksen führt, da ich Linkshänder bin.
Auch sind alle meine Interviews und Rezensionen erst mit dem Füller vor.
Briefe schreibe ich mit einer Brieffreundin in Polen und noch eine in Kanada, die ich früher auf einem Lager kennengelernt habe. Und wir haben es einfach beibehalten uns so zu schreiben und dies nun schon seit 24 Jahren.
Es ist einfach etwas besonderes, wenn ich an den Briefkasten einen Brief raus fische, der über mehrere Seiten mit der Hand geschrieben ist.
Dies ist damals genauso wie das lesen als Therapie wegen meiner Lese( Rechtschreibschwäche entstanden. Und ich finde es gut, dass wenigstens ein paar wieder überlegen etwas mehr Back to the Roots zu gehen.
Liebe Grüße,
Markus